Es ist einer der Trends im Recruiting: Cultural fit - nicht die fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen sollen bei der Auswahl des richtigen Mitarbeitenden entscheidend sein, sondern die „kulturelle Passung“ ins Unternehmen. Als Antwort darauf haben sich natürlich auch gleich Beratungsunternehmen und Testverfahren auf die Fahne geschrieben, den Cultural Fit oder den Cultural Match passgenau und objektiv zum Wohle des Kunden zu erarbeiten.
Vielleicht ergeht es Ihnen aber wie mir und Sie sind ein wenig überrascht. Schliesslich ist dies doch weder ein wirklich neuer Trend, noch wurde diesem Aspekt in der Vergangenheit keine Beachtung geschenkt. Schon immer galt doch, die oder der fachlich beste Kandidat/in muss auch nicht die oder der passendste Kandidat/in sein. Die fachlichen Aspekte sind doch nur ein kleines Puzzleteil im Auswahlprozess.
Gefährlich ist aber auch, dass das neu aufgelegte Konzept des Cultural Fit sehr stark auf der jetzigen, vorherrschenden Unternehmenskultur basiert. Das Problem dabei ist, dass es kaum ein Unternehmen mit einer durchgängigen Kultur gibt. Zu stark ist der Einfluss der jeweiligen Führungsteams (Werte, Verständnis, Teamspirit), der Organisationsstruktur (Filialen, Standorte, etc.) und auch der Funktionszugehörigkeit (Produktion, Vertrieb, Services, etc.). Ein weiterer Stolperstein ist, dass die wenigsten Firmen (bzw. deren Führungskräfte) ihre eigene Kultur kritisch hinterfragen können, da sie ja als Teil des System sogar deren Baumeister sind.
Grundsätzlich ist aber ein Ist-Zustand dennoch bedeutend einfacher zu beschreiben und zu fassen, als eine zukünftige, notwendige Kultur. Genau dies müsste aber das Ziel der zukunftsorientierten Unternehmensentwicklung sein, damit die für die Zukunft notwendigen und passenden Mitarbeitenden auch ins Boot geholt werden können und nicht Mitarbeitende, die unter Umständen die vorherrschende Kultur sogar noch bestärken.
Es geht also viel mehr um Cultural need denn cultural fit. Die grösste Herausforderung liegt für Unternehmen darin, sich auf die digitale Revolution einzustellen und das Unternehmen mit den Mitarbeitenden fit für die Zukunft, also die future needs zu machen. Wenn wir davon ausgehen, dass dies vor allem neue, agilere und digitale Rahmen benötigt, kann das unternehmerische Ziel wohl kaum sein, die bestehenden „Kulturen“ als Basis für ein Cultural Fit zu nehmen.
Die nachfolgende Graphik – pragmatisch entstanden in einem Gedankenaustausch mit einem Kunden verdeutlicht die Problematik eines hohen cultural fit bei notwendigen Veränderungsprozessen. Der Anstoss und die Energie zur Veränderungen kommt nicht von den Mitarbeitenden mit einer hohen Passung, da diese eher dem Status Quo zugeneigt sind, sondern jenen, die eben gerade nicht passen.
Interessant ist sicher auch der nicht zu unterschätzende Way of culture, in welchem jede erfolgreiche Veränderung zwangsläufig zum Status Quo wird. Unternehmensentwicklung und Kulturveränderung sind ein stetiger Prozess, der immer wieder neu initiiert werden muss. Und gerade hier setzt auch das Kompetenz-Management an, welches die Balance zwischen operativer Exzellenz und strategischer Ausrichtung herstellen muss. Ein Kompetenzmodell als Basis für cultural fit und cultural need muss sowohl die vorherrschenden, als auch die zukünftigen Werte, Normen und Einstellungen enthalten. Das bedingt eine regelmässige Auseinandersetzung und Überarbeitung der bestehenden Kompetenzmodelle und -bibliotheken.
Sie haben eine Anmerkung, Frage oder möchten mehr erfahren? Ich würde mich freuen, mich mit Ihnen diesbezüglich auszutauschen. Sprechen Sie mich einfach an.
Beste Grüsse
Andreas Mollet
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Die notwendige Entwicklung von Kompetenzen ist eine elementare Führungsaufgabe. Unterstützt werden die Führungskräfte meist durch die Personalentwicklung, welche für dieses Ziel über eine breite Möglichkeit von Massnahmen verfügt.
Entscheidend dabei ist aber, noch einmal zu reflektieren, dass Wissen nicht gleich Kompetenz ist und dementsprechend Seminare, Vorträge, Selbststudium oder Lehrgänge meist nicht der Kompetenzvermittlung dienen, bzw. diesem Anspruch gar nicht gerecht werden können. Kompetenzentwicklung findet also sehr selten mit einem Aus- und Weiterbildungskatalog statt.
Die Kompetenzentwicklung benötigt einerseits zwingend den Wirkungsbezug, sprich eine Handlungswirkung, und andererseits die Verknüpfung mit den eigenen Werten, Normen und Einstellungen (emotionale Imprägnierung). Als dritte entscheidende Komponente gilt die bewusste Reflexion, da ansonsten das Lernen und somit die Kompetenzentwicklung zufällig und nicht strukturiert geschieht.
Zusammenfassend können folgende Kriterien als hilfreich oder vielmehr als zwingende Grundlage für eine erfolgreiche Kompetenzentwicklung definiert werden*:
So simpel und nachvollziehbar die einzelnen Kriterien scheinen mögen, so anspruchsvoll kann dies in der Praxis sein. Entscheidend für die Kompetenzentwicklung scheint also nicht primär die Qualität des Referenten, des CBT oder des Seminars zu sein, sondern vor allem die persönliche Sinnfrage.
Bei der klassischen Personalentwicklung ist das persönliche Motiv meist gegeben, da die Entwicklung vielleicht sogar einem Wunsch des Mitarbeitenden entspricht. Anders kann es jedoch bei notwendigen Entwicklungen aussehen, welche aus einem grösseren, nicht individualisierten Kontext, entstehen. Dementsprechend entscheidend ist es, gerade bei proaktiver Kompetenzentwicklung (z.B. im Change oder in der Unternehmensentwicklung) Sinn und Zweck für die Mitarbeitenden verständlich zu machen.
Hier ist ganz sicher die Personalentwicklung und die Führungskraft gefordert, notwendige Entwicklungsmassnahmen im Abgleich zur Unternehmensentwicklung noch transparenter zu machen.
Sind Sie anderer oder gleicher Meinung? Haben Sie Ergänzungen oder Anmerkungen? Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen – gerne in unserem Blog oder per E-Mail!
Beste Grüsse
Andreas Mollet
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* In Anlehnung an Gillen J.P., Erpenbeck J., 2014, anlässlich der 4. Solothurner Kompetenzgespräche
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(Den 1. Teil verpasst? Hier nachlesen)
Kernkompetenzen sind also erstrebenswert, weil sie sehr profitabel sind, nachhaltig Wirkung erzielen und vielseitig eingesetzt werden können. Bestehende Kernkompetenzen müssen aber auch unbedingt gepflegt und weiterentwickelt werden, um die Vorteile auch weiterhin ausspielen zu können. Insofern sollten in einem Unternehmen alle auf das Ziel „Schaffen und Erhalten von Kernkompetenzen“ hinarbeiten.
Aufgabe 1: Schaffen von Kernkompetenzen:
Echte Kernkompetenzen entstehen meist zufällig oder unbeabsichtigt, weswegen eine „Planung“ eher schwierig ist. Dementsprechend kann wohl einzig ein Umfeld geschaffen werden, in dem die Chancen darauf erhöht werden. Für das Unternehmen heisst das, dass (Frei-)Raum für Begegnungen, unorthodoxe Kombinationen und ausgefallene Ideen geschafft werden müssen. Denn nur so kann die Kombination von Wissen/Fertigkeiten in unterschiedlichen, meist nicht ergänzenden Bereichen zu neuen, unerwarteten Kernkompetenzen führen. Es braucht Gelegenheiten für einen Austausch über die typischen Prozessschritte hinaus.
Im HR braucht es aber auch den Mut auf spannende, andersartige Berufsbibliographien zu setzen und das Wissen und die Erfahrung von Quereinsteigern zu nutzen. Aber auch aktiv einen Mix und den Austausch zwischen den verschiedenen Arbeitsgenerationen herzustellen. Und zu guter Letzt nicht nur die Fachkräfte zu entwickeln, sondern auch die Brückenbauer zwischen den Fachkräften aktiv zu fördern.
Denn der erste Schritt zu einer Kernkompetenz entsteht meist nicht auf dem Papier, sondern ganz einfach wenn zwei Mitarbeitende zusammen arbeiten und bessere, schnellere, schönere, effizientere oder effektivere Lösungen suchen. Vorausgesetzt natürlich, man unterstützt dies aktiv, baut die entsprechenden Brücken und lässt ihnen den notwendigen (Frei-)Raum dafür.
Aufgabe 2: Erhalten von Kernkompetenzen:
Dem HR kommt aber auch ein Teil der Aufgabe zu, einen - wohlgemerkt unter ständigem Wettbewerbsdruck stehenden - Vorsprung aufrecht zu erhalten. Ziemlich leicht formuliert, aber wohl sehr schwer umzusetzen. Einerseits ist da die Trägheit der erfolgreichen Komfortzone, anderseits kann man sich kaum auf bewährte und verbreitete Rezepte, Benchmarks, Ausbildungen und weitverbreitete Normen abstützen. Schliesslich ist es die Individualität, diese Andersartigkeit, welche meist erst Kernkompetenzen ermöglicht. Die klassische, normierte Aus- und Weiterbildungslandschaft ist vermutlich das falsche Instrument. Die Personalentwicklung muss viel eher noch gezielter die personenbezogenen oder unternehmensspezifischen Kompetenzen identifizieren, entwickeln und mit geeigneten, vielleicht nicht ganz alltäglichen Massnahmen erhalten.
Vielleicht ist es aber auch gar nicht die Mehrzahl der Mitarbeitenden, welche entscheidend sind für die Erhaltung der Kernkompetenzen, sondern nur ein kleiner Teil der Belegschaft. Dadurch wird die notwendige Identifikation der Schlüsselpersonen noch entscheidender. Die grösste Gefahr liegt dabei darin, dass diese Schlüsselpersonen oftmals nicht den typischen Talenten und High-Potentials entsprechen. Vielmehr sind es oftmals Experten, Spezialisten oder aber Quereinsteiger und Schnittstellenfunktionen, welche nicht die typischen Managerlaufbahn oder Entwicklungslaufbahn einschlagen.
Was sind Ihre Gedanken dazu? Lassen Sie uns doch gemeinsam darüber diskutieren – ganz im Sinne der Chancen die sich daraus ergeben können.
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Vermehrt begegnet man in der letzten Zeit im HR dem Begriff der Kernkompetenzen. Dies mit einem Selbstverständnis, als sei das HR schon immer die Domäne dieses Begriffes. Dabei entstammt der Begriff der Kernkompetenzen ursprünglich aus der Betriebswirtschaft und wurde erstmals 1990 von C.K Prahalad und Gary Hamel im Rahmen des strategischen Managements detailliert ausgeführt.
Kernkompetenzen aus Sicht der Organisation
Kernkompetenzen stellen dabei strategische Erfolgsfaktoren oder -positionen (SEP) dar und entstehen fast immer aus der erfolgreichen Kombination von Wissen/Fertigkeiten in unterschiedlichen, meist nicht ergänzenden Bereichen. Der Erfolg liegt also in der Verknüpfung von 2 Bereichen, welche auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben.
Dies kann durchaus auch die Kombination von weichen Faktoren (Know-how, Erfahrung, Mitarbeitende) mit harten Faktoren (Patente, Standortvorteile, etc.) sein. Z.B ist der Siegeszug von IKEA nicht auf der Kompetenz des Möbeldesign und -herstellung zu begründen, sondern vielmehr in der Verknüpfung von Produktion und Logistik. Apple’s Kernkompetenz liegt in der Kombination der Technologieaffinität mit fast beispielloser Marketingkompetenz. Ohne Matterhorn würde es wohl dem Zermatter Tourismus schwer fallen sich unverwechselbar zu vermarkten.
Kernkompetenzen sind also folgendermassen zu
charakterisieren:
Das Problem dabei ist, dass die wenigstens Kernkompetenzen bewusst gesteuert und entwickelt werden können, sondern teilweise auch durch Zufall, Intuition oder Kundenbedürfnisse erst entstehen.
Leider entspricht es deshalb auch der Tatsache, dass – aus der unternehmerischen, strategieorientierten Sicht – die wenigstens Unternehmen wirklich über Kernkompetenzen verfügen. Wahrscheinlich ist das auch gar nicht zwingend notwendig um als Unternehmen am Markt agieren zu können. Den Markt bewegen werden diese Unternehmen aber sicherlich nicht. Dennoch finden wir praktisch auf jeder Homepage eine Aufzählung über die vermeintlichen Kernkompetenzen der Unternehmen. Meist sind dabei aber einfach die Bereiche gemeint, in denen das Unternehmen tätig ist oder jene Werte, die man vermeintlich als Kernkompetenzen einstuft.
Kernkompetenzen sind aber nicht statische Bereiche, sondern bedürfen einer stetigen Entwicklung, um den Wettbewerbsvorteil zu erhalten, oder rechtzeitig die Weichen zu stellen, damit die Neuausrichtung der Kompetenzen auch in der Zukunft gewinnbringend eingesetzt werden können. In einer Zeit, in der sich alles immer schneller dreht, in der die Entwicklungsabstände immer kleiner werden und die Technologien sich spiralartig fortbewegen, verlieren aber Unternehmen rasch ihre Kernkompetenzen, wenn sie nicht genügend nah am jetzigen oder zukünftigen Markt, also am Puls der Nutzenstiftung und Nachfrage operieren.
Und obwohl der Ansatz der Ausrichtung auf Kernkompetenzen in der strategischen Unternehmensführung auch kritisiert wird (wie wohl fast jede Strategieausrichtung), können wir dennoch einiges davon in den Bereich des HR-Kompetenz-Managements übernehmen. Diese Gedanken würden aber wohl den heutigen Blog sprengen, deshalb bald mehr über Kernkompetenzen im 2. Teil.
Machen Sie sich doch auch schon einmal Gedanken, oder diskutieren Sie mit:
Was heisst das nun für das HR? Was kann das HR daraus lernen?
Was heisst das nun für die persönliche Entwicklung?
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