Scheitern – Lern was draus!

Gerade komme ich von der ersten FuckUp Night in Frankfurt in diesem Jahr. Einer Veranstaltungsserie, manche sprechen sogar von einer globalen Bewegung, die ihren Ursprung 2012 in Mexiko hatte. Unterhaltsam werden Geschichten von erfolglosen Geschäften und Projekten erzählt, infrage gestellt und gefeiert.

Scheitern wird als Show inszeniert! Dass das auch im vom Perfektionswahn getriebenen Deutschland mit seiner Null-Fehler-Kultur funktioniert, bewies die Teilnehmerzahl. Der Abend war mit 1.210 Tickets restlos ausverkauft. Etliche Neugierige (nicht nur aus der Startup-Branche) fanden ihren Weg in den größten Hörsaal der Goethe Universität.

Was wir geboten bekommen haben war interessant, inspirierend, aber mit Abstand betrachtet dann doch auch wieder nicht so außergewöhnlich. In jeder der vier Keynotes steckte folgender Plot: mit hochfliegenden Plänen gestartet, aus irgendwelchen (heute verständlichen) Gründen gescheitert, nach einer (nicht allzu langen) Bues-Phase berappelt und mit Energie wieder (oder neu) angefangen. So, wie es wahrscheinlich jeder von uns mehr oder weniger intensiv kennt. Gehören doch Scheitern und Fehler zu unserem Leben.

Was also ist das Neue? Die Öffentlichkeit und die Bereitschaft darüber zu sprechen. So wie 2012 in Mexiko. Ein paar Freunde saßen eines Abends bei einigen Flaschen Coronas zusammen und unterhielten sich über ihre unternehmerischen Erfahrungen – und über ihr Scheitern. Später stellten sie alle fest, wie wichtig und hilfreich diese Unterhaltung und gerade auch der ehrliche Gedankenaustausch über die Niederlagen gewesen waren. Aus diesem Erlebnis heraus entwickelten sie die FuckUp Night, damit die Zuschauer von den Erfahrungen der anderen profitieren können.

Und so war es auch vorhin. Alle vier Vorträge boten den Zuschauern amüsante Aha-Momente. Hier aber liegt des Pudels Kern. Dient die Veranstaltung nur dem Amüsement der Besucher, war es nett dort hinzugehen. Dient sie dagegen als Basis für eine Reflexion des eigenen Umgangs mit Fehlern oder gar dem Scheitern und schließen sich dieser auch gemeinsame Gespräche mit anderen an, so war es wertvoll, dort gewesen zu sein.

So halten wir es bei weber.advisory. Gemeinsam mit unseren Kundenunternehmen schaffen wir einen Rahmen, in dem sie eine eigene Fehlerkultur entwickeln können. Dieser Begriff stammt aus den Sozialwissenschaften und bezeichnet die Art und Weise, wie Unternehmen mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen umgehen.Im Mittelpunkt steht eine Kultur der Selbstverantwortung.

Wir mögen keine Fehler, auch ermuntern wir niemanden dazu extra welche zu machen. Wir mögen aber auch keine platten Sprüche à la „Du musst einmal mehr aufstehen als dass du hinfällst.“ Was wir aber mögen, ist eine differenzierte Beschäftigung mit dem eigenen Perfektionsanspruch. Wir sind umgeben von Menschen, die krampfhaft Fehler vermeiden wollen indem sie keine Risiken eingehen – um nicht den Zorn des Chefs auf sich zu ziehen oder einfach nur der lieben Karriere wegen. Dabei führt dieses „Auf Nummer sicher gehen“ zu keinen außerordentlichen Leistungen, sondern endet häufig nur im modrigen Sumpf des Mittelmaßes.

Perfektion ist der Feind des Guten und lähmt den freien Fluss der Gedanken. Unternehmen mit einer definierten Fehlerkultur, die konstruktiv und für alle transparent mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen umgehen, tun sich deutlich leichter mit der Freisetzung von Kreativität und haben damit eine deutlich höhere Innovationsfähigkeit. Um das zu leben, muss man kein Startup sein. Diese Kultur zu leben, dabei helfen wir auch etablierten Unternehmen.

Fehler nicht als Ausdruck von Erfolglosigkeit zu verstehen, sondern als einen sicheren Weg zum kreativen Erfolg. Wir kennen Unternehmen, die ein Top10-Fehler-Ranking erstellen, in denen Mitarbeiter darstellen, woraus sie am meisten gelernt haben. Andere loben gar den „Fehler des Monats“ aus. Immer vor dem Hintergrund: Welche Lektion war damit verbunden – für jeden im Unternehmen transparent. Nicht zum Amüsement oder zum Spötteln, wohl aber zum Lernen und zum Vermeiden, dass andere den gleichen Fehler machen. Im Kern aber geht es um gelebte Selbstverantwortung auf allen Ebenen des Unternehmens - von der Basis bis zum Top-Management.

Sie finden diese Gedanken befremdlich? Dann lassen Sie sich vom Entdecker des glühelektrischen Effekts Thomas A.Edison inspirieren: Erfolg ist ein Gesetz der Serie und Misserfolge seien lediglich Zwischenergebnisse. Wer weitermacht, kann gar nicht verhindern, dass er irgendwann auch Erfolg haben wird. Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sichere Weg zum Erfolg ist immer, es doch noch einmal zu versuchen.

Edison wäre ein guter Keynote-Speaker für eine FuckUp Night – leider starb er schon 1931. Seine Weisheiten zum Umgang mit Fehlern und Perfektion sind damit rund hundert Jahre alt. Vielleicht tragen ja die aktuellen Veranstaltungen ein wenig dazu bei, dieses Wissen gesellschaftsfähiger zu machen. Wenn Sie darauf nicht warten wollen, so lassen Sie uns gerne über unser Workshop-Konzept zur Schaffung einer Fehlerkultur für Ihr Unternehmen sprechen.

Herzliche Grüße und einen guten Wochenendspurt wünscht Frank Weber (weber.advisory)

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